Wehe den Betenden, die während des Gebets unachtsam sind, die dabei nur gesehen werden wollen.
Islam, Koran Sure 107:4-6

Wenn ihr betet, dann tut es nicht wie die Scheinheiligen! Sie beten gern öffentlich in den Gotteshäusern und an den Straßenecken, damit sie von allen gesehen werden.
Christentum, Evangelium nach Matthäus 6:5

Häufige Fragen / FAQ

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Was ist christlich-islamischer Dialog?
Welche Haltungen braucht er?
Eine persönliche Antwort aus christlicher Sicht

Welche Haltungen sind dafür notwendig?

Ich möchte Ihnen mit einigen Beispielen aus meinem ganz persönlichen Erleben antworten.

In meinem Berufsleben unterrichtete ich viele muslimische Kinder, kam mit den Eltern ins Gespräch, weil wir gemeinsam im schulischen Bereich zusammen lebten und arbeiteten.

Ich war neugierig auf die Lebensgeschichten dieser Menschen und auf ihr Denken. In Gesprächen gewann ich Erkenntnisse über die Hintergründe der Zuwanderung, über Traditionen, Sitten und Gebräuche.

Ich lernte, die Sichtweise, die Perspektive meines Gegenübers einzunehmen. Neugierde, Interesse an Menschen und ihre Wertschätzung, von ihnen her zu denken, das sind die Haltungen, die grundsätzlich immer für die Begegnung im pädagogischen und mitmenschlichen Bereich notwendig sind.

Von da ist es nicht weit, auch nach dem zu fragen, was Menschen im Leben wichtig ist , welche Werte sie ihren Kinder mitgeben, zu fragen nach der Religion, nach dem Glauben. Und da ich selbst seit meiner Jugend und in vielen Berufsjahren Kindern von Gott, Jesus und den Menschen erzähle, davon, was mir ein Herzensanliegen ist, wurden auch Gespräche mit Muslimen für mich wichtig, in denen wir uns gegenseitig über unseren Glauben austauschten.

Seit 1993 bin ich im Christlich-Islamischen Gesprächskreis Solingen aktiv und habe dort sehr viel gelernt.

Im interreligiösen Gespräch gehe ich davon aus, dass der eine Gott auch in anderen Religionen wirken kann.

Mit Paul Tillich sage ich: Wenn auch in anderen Religionen ein “Ergriffensein vom Unbedingten, Absoluten, Heiligen” zu finden ist, dann sind auch sie durchpulst von dem, was für eine echte Beziehung zu Gott gilt.

Einige Beispiele

1.

Es berührte mich sehr, als ein kleiner muslimischer Schüler mir den abgegriffenen Taschenkoran seines Vaters zeigte und mir erzählte, dass aus diesem Buch sein Vater ihm vorgelesen habe, als er sehr krank war. Auch zum Militärdienst habe der Vater den Koran mitgenommen und täglich darin gelesen.

Mir fiel meine eigene kleine in Leder gebundene Konfirmationsbibel ein, in der ich immer lese und sie für den Unterricht benutze.

2.

Auch die Aussage einer 16-jährigen muslimischen Schülerin, die an unserer Stadtrundfahrt zu Kirche, Synagoge und Moschee teilgenommen hatte, berührte mich in dieser Weise. Sie sagte zum Abschluss, nachdem sie sich positiv über die Informationen zu den gemeinsamen Wurzeln der drei Religionen geäußert hatte:

„Vor allen Dingen ist mir klar geworden, wie gerne ich eine Muslima bin und warum ich es immer bleiben will. Als ich nämlich in die Moschee reinging, fühlte ich mich wie zu Hause. Das Gefühl, das ich da empfunden habe, ist unbeschreiblich. Vor allem als eine Sure aus dem Koran vorgelesen wurde.“

3.

Wenn ich zu Gast beim muslimischen Gebet bin und höre die Koranrezitationen, wird für mich trotz des Fremden der Ernst und die Andacht dieser Gemeinschaft der Gläubigen im Gebet vor Gott unmittelbar spürbar.

Diese geschilderten Situationen erinnern mich an meine eigene Beziehung zum Wort Gottes in der Bibel, das Gedanken öffnet, das vergewissert, das tröstet und Hoffnung gibt. Sie erinnern mich an meine Gefühle bei Orgelspiel und geistlichem Lied im Gottesdienst und an meine Gefühle in Kirchen, in denen mir der christliche Glauben der Menschen aus Vergangenheit und Gegenwartbegegnetund ich mich in dieser Gemeinschaft beheimatet fühle.

Einfühlungsvermögen heißt diese Haltung, die für die christlich-muslimische Begegnung wünschenswert ist.

Deshalb gilt es, im interreligiösen Gespräch in Offenheit einander zu begegnen und gleichzeitig für die eigene Überzeugung einzutreten. Und es gilt mit Achtung und Toleranz die Spannung auszuhalten, die zwischen dem Wahrheitsanspruch des eigenen Glaubens und dem Wahrheitsanspruch des anderen Glaubens besteht.

In diesem Sinne des interreligiösen Dialogs können Juden, Christen und Muslime ein Netz knüpfen zwischen Menschen, die sich kennen, sich achten und sich vertrauen.

Denn nur, wer sich kennt, wer sich achtet, wer sich vertraut, kann gemeinsam für ein friedliches gemeinsames Leben eintreten.

Zum Dialog, zum Gespräch, gibt es keine Alternative!

Doris Schulz