Die dem Gesagten zuhören und dann dem Besten davon folgen. Das sind diejenigen, die Gott rechtgeleitet, und sie sind es, die Verstand haben.
Islam, Koran Sure 39:18

Prüft alles, das Gute behaltet!
Christentum, 1. Brief an die Thessalonicher 5:21

Aktuelles

Gemeinsam nach Jerusalem – eine interreligiöse Dialogreise von Juden, Christen und Muslimen

Pilgern verbindet die Religionen: im Judentum brachen die Menschen schon in biblischen Zeiten nach Jerusalem auf, das Christentum kennt seit frühchristlicher Zeit Wallfahrten zu den Stätten Jesu und der Heiligen dort. Auch für den Islam ist Jerusalem mit dem Tempelberg und der al-Aqsa-Moschee zentraler Ort des Glaubens. Im Rahmen eines Symposiums zur Ausstellung „Unterwegs fürs Seelenheil?! – Pilgerreisen gestern und heute“ des Deutschen Museums München und der Akademie der Versicherer im Raum der Kirchen, Bruderhilfe - Pax - Familienfürsorge, entstand die Idee, dass hochrangige Vertreter der drei großen monotheistischen Religionen aus Deutschland sich gemeinsam auf den Weg nach Jerusalem machen, in die heilige Stadt aller drei Religionen. 

Im März 2012 haben sich deshalb auf Initiative und Einladung der Akademie der Versicherer im Raum der Kirchen eine Katholikin, ein Protestant, ein Rabbiner und ein Muslim auf den Weg nach Jerusalem gemacht: 

- Karin Kortmann, Vize-Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK) 

- Pfarrer Christfried Boelter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ökumenische Pilgerwege in Deutschland 

- Dr. Tovia Ben-Chorin, Rabbiner an der Jüdischen Gemeinde Berlin 

- Ahmad Aweimer, Dialog- und Kirchenbeauftragter des Zentralrates der Muslime 

Die überaus kompetente Leitung dieser Dialogreise wurde durch Dr. Georg Röwekamp, Geschäftsführer von „Biblische Reisen“ wahrgenommen. 

Leider haben die israelischen Behörden Ahmad Aweimer (gebürtiger Palästinenser mit deutschem Pass) die Einreise verweigert. Er wurde am Flughafen in Tel Aviv mehrere Stunden befragt und kontrolliert, für die anschließende Nacht in Abschiebehaft genommen und am nächsten Morgen mit der Frühmaschine der Lufthansa nach Deutschland ausgeflogen. Ahmed Aweimer blieb trotzdem in das Projekt einbezogen, indem er während des Aufenthaltes der Gruppe in Jerusalem mehrfach telefonisch zugeschaltet wurde und die Reisegruppe nach ihrer Rückkehr in Frankfurt empfing und zur Auswertung mit ihr zusammenkam. 

Die gemeinsame Reise sollte zum einen helfen, die (Pilger-) Traditionen der jeweils anderen Religionen besser zu verstehen. Gleichzeitig ist man der Frage nachgegangen, ob das Pilgern, das in allen drei Religionen praktiziert wird, auch ein Weg zu deren Annäherung sein kann. Dazu dienten die gemeinsamen Besuche an den jeweils wichtigsten „eigenen“ Pilgerstätten, aber auch an „gemeinsamen“ Heiligtümern sowie ausgewählte Begegnungen vor Ort (Rabbiner Rabinowitz, Synagoge an der Klagemauer; Griechisch-orthodoxer Patriarch Theophilos III; Abt Gregory, Dormitio der Benediktiner; Pfarrer Wohlrab, Evangelische Pilgerseelsorge) und die Teilnahme an Gottesdiensten der jeweils anderen Religion. Die interreligiöse Reisegruppe fasst das Fazit ihrer Fahrt wie folgt zusammen: 

 - Religiös sein heißt heute auch: interreligiös sein. Die historischen Stätten in Jerusalem und die Begegnungen vor Ort konnten viele Impulse geben. Es gibt in den unterschiedlichen Religionen viele Gemeinsamkeiten; dies gilt zum Beispiel beim Pilgern und der Tatsache, dass die Religionen nur noch bedingt die jungen Menschen erreichen. Die Unterschiede in den Religionen sind zu respektieren, alle Formen von Missionierung hinein in die jeweils andere Religion sind hinderlich für den Dialog. Rabbiner Rabinowitz brachte es auf den Punkt: Wer glaubt, er habe das Monopol auf Gott, der hat keinen Gott. Jeder hat das Recht auf seinen Traum, umgesetzt wird er durch Gott. Wenn wir versuchen, ihm dabei zu helfen, wird es nur schlimmer. Beeindruckend war auch das Zeugnis von Patriarch Theophilos III., der von den drei Herzen sprach, die in Jerusalem schlagen und der sich als Hüter der jüdischen, christlichen und muslimischen Heiligtümer versteht. 

- „Die interreligiöse Pilgerreise in Jerusalem hat mir die verbindende Friedensbotschaft unserer Religionen noch näher gebracht. Aber wie schwer es ist sie zu verwirklichen wird auch in Israel besonders deutlich. Hoffnung und Traurigkeit liegen eng beieinander.“, so lautet das Resümee von Karin Kortmann, Vize-Präsidentin des ZdK. - Sowohl in den Gesprächen mit den Vertretern der Religionen in Jerusalem als auch in der interreligiösen Reisegruppe wurde die große Bedeutung von Begegnungen an der Basis in Deutschland betont. Besonders eindrücklich machte dies Abt Gregory mit seinen Erfahrungen im Konflikt in Nordirland deutlich, wo er mehr als zwanzig Jahre tätig war. Neben den Funktionärsaktivitäten sind die persönlichen interreligiösen Kontakte im Alltag in Deutschland vor Ort die zentralen Bausteine für ein besseres Verständnis der Religionen. Das war auch für den mitreisenden Rabbiner Dr. Ben-Chorin ein zentraler Aspekt: zu den heiligen Stätten zu reisen und zu beten sei das eine, daheim in Deutschland den Dialog weiterzuführen, das ist die zentrale Aufgabe, die sich jetzt stellt.

16.04.2012