Gott spricht: "... und wenn mein Diener sich mir um eine Handspanne nähert, nähere ich mich ihm um eine Armlänge, und wenn er sich mir um eine Armlänge nähert, nähere ich mich ihm um zwei Armlängen, und wenn er zu mir gegangen kommt, komme ich zu ihm gelaufen."
Islam, Ausspruch des Propheten Muhammad (Hadith)

Er machte sich also auf und ging zu seinem Vater. Schon von weitem sah ihn sein Vater und ward von Erbarmen gerührt. Er eilte hin, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Christentum, Evangelium nach Lukas 15:20 (Gleichnis vom verlorenen Sohn)

Literatur

Medienverband der Evangelischen Kirche im Rheinland (Hrsg.)

Muslime in Deutschland: Anders, als Sie glauben.

Sonderheft von chrismon plus Rheinland


Das "Themenheft zum Mitreden" erhebt den Anspruch, "Lesestoff für Menschen anzubieten, die mitreden wollen" und will dies tun "mit Beiträgen aus evangelischer Sicht".

Die Debatte zum Thema Muslime in Deutschland aus "evangelische Perspektive müsse gelassen und fair geführt werden und Muslime selbst zu Wort kommen lassen", heißt es im Vorwort.

Das Themenheft zum Islam mit der zitierten Zielsetzung und der gelungenen Umsetzung hat mich voll überzeugt.

Es lässt Menschen muslimischen Glaubens zu aktuellen Fragen zu Wort kommen, z.B. zum Verhältnis von Religion zur Integration, zur Definition von Heimat, zu den Gründen, das Kopftuch zu tragen oder zur Vereinbarkeit von Grundgesetz und Scharia.

Der dadurch entstandene innermuslimische Dialog zeigt den Lesern und Leserinnen, dass es vielfältige und sehr differenzierte Aussagen zu den einzelnen Themen gibt und der gelebte Glaube sich sehr unterschiedlich darstellt. Als Gründe für diese Vielfalt werden biografische Hintergründe, Herkunftsländer der Eltern- und Großelterngenerationen mit den unterschiedlichen Kulturen und die eigene Auseinandersetzung mit Glaube, Tradition und modernem Denken erkennbar.

Heimat ist für die Kinder- und Enkelgeneration der Gastarbeiter Deutschland die Stadt, in der man lebt und arbeitet, in der Verwandte und Freunde leben. Es wird deutlich: Zwei oder mehrere Lebenswelten und Kulturen bedeuten Erweiterung des Blickes und Bereicherung.

In einem zweiten Teil des Heftes " Den Koran verstehen" geht es um den Koran als Offenbarungsschrift und seiner gleichzeitigen Geschichtlichkeit, es geht um Toleranz und um die poetische Schönheit arabischen Sprache. Namhafte Muslime äußern sich dazu.

Auch hier wird innermuslimischer Dialog deutlich.

Im letzten, dritten Teil werden exemplarisch Gespräche zwischen Christen und Muslimen vorgestellt, wie sie abliefen und ablaufen sollten: Im Dialog zwischen Christen und Andersgläubigen den Wahrheitsanspruch des eigenen Glaubens zwar für sich zu bezeugen, aber mit Achtung vor dem anderen Glaubenszeugnis die entstehende Spannung auszuhalten. Die persönlich-subjektive Formulierung ist dafür wichtig.

Die Gestaltung des Heftes überzeugt.

Die ausdrucksstarken Fotos der Autorinnen und Autoren der einzelnen Beiträge begleiten kleinformatig das Inhaltsverzeichnis und stehen in großem Format neben den Texten. Das Portal eröffnet mit bekannten Elementen des Islam, z.B. den arabischen Schriftzeichen und der Gebetskette und stellt historische spirituelle Zusammenhänge zu christlichen Traditionen her, auch hier eine Sicht, die Nähe zwischen den Traditionen zeigt.

Die Seiten kreuz und quer informieren mit kurzen Statements oder Zitaten über die verschiedenen muslimischen Gruppierungen, über Organisationsformen der muslimischen Gemeinden, über Moscheeneubauten, über das Islamische Wort im SWR und islamische Mode nach dem Motto: Was auch noch wissenswert ist.

Die Gestaltung insgesamt ist geschmackvoll, durchdacht und man bekommt Lust, weiter zu lesen und zu schauen.

Das Heft ist leicht lesbar trotz der gewichtigen Inhalte, es unterhält und lässt schauen und staunen über die Vielfalt der Glaubensüberzeugungen, die innerislamisch gelebt werden, über das hohe Reflektionsniveau und über die Kraft der Sprache der muslimischen Autorinnen und Autoren und ihrer christlichen Gesprächspartner, ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszusprechen.

Das Heft wendet sich vorwiegend an christliche Leserinnen und Leser und dient damit auf gute Weise der anderen Religion. Aber auch für Muslime ist das Heft aufschlussreich und informierend und kann den innerislamischen Dialog weiterbringen.

Ich empfehle das vorliegende Themenheft aus den beschriebenen Gestaltungsprinzipien und Inhalten besonders für die Zielgruppe "Christen in Gemeindegruppen" und für den Themenbereich "Islam" im christlichen Religionsunterricht. Es hat einen kleinen Preis und der Verlag gibt Staffelpreise bei Abnahme höherer Anzahlen.

Das Heft bietet reichlich Lesestoff zur Debatte, geradeso, wie es die Herausgeber versprochen haben.

Deshalb wünsche ich dem Heft eine große Leserschaft und intensive Gespräche über die einzelnen Beiträge.

Doris Schulz

Eine Leseprobe und eine Bestellmöglichkeit ist hier zu finden.

Erscheinungsjahr: 2011

Stichworte: Muslime, Islam, Deutschland, Integration, Dialog, Christen und Muslime